The Complete Brothers Grimm Fairy Tales
This collection of "classics" certainly is a departure from the Disney versions. The tales are mostly very dark and pessimistic, as originally recorded by the Brothers. For the more "colourful" children's stories it is better to buy the specific tales from the bookstore instead of a collective book.
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Die Wichtelmänner
der Brüder Grimm
Erstes Märchen
Es war ein Schuster ohne seine Schuld so arm geworden, daß ihm
endlich nichts mehr übrig blieb als Leder zu einem einzigen Paar
Schuhe. Nun schnitt er am Abend die Schuhe zu, die wollte er den
nächsten Morgen in Arbeit nehmen; und weil er ein gutes Gewissen
hatte, so legte er sich ruhig zu Bett, befahl sich dem lieben Gott und
schlief ein.
Morgens, nachdem er sein Gebet verrichtet hatte und sich zur Arbeit
niedersetzen wollte, so standen die beiden Schuhe ganz fertig auf seinem
Tisch. Er verwunderte sich und wußte nicht, was er dazu sagen
sollte. Er nahm die Schuhe in die Hand, um sie näher zu betrachten:
sie waren so sauber gearbeitet, daß kein Stich daran falsch war,
gerade als wenn es ein Meisterstück sein sollte. Bald darauf trat
auch schon ein Käufer ein, und weil ihm die Schuhe so gut gefielen,
so bezahlte er mehr als gewöhnlich dafür, und der Schuster
konnte von dem Geld Leder zu zwei Paar Schuhen erhandeln. Er schnitt sie
abends zu und wollte den nächsten Morgen mit frischem Mut an die
Arbeit gehen, aber er brauchte es nicht, denn als er aufstand, waren sie
schon fertig, und es blieben auch nicht die Käufer aus, die ihm so
viel Geld gaben, daß er Leder zu vier Paar Schuhen einkaufen konnte.
Er fand frühmorgens auch die vier Paar fertig; und so gings immer
fort, was er abends zuschnitt, das war am Morgen verarbeitet, also
daß er bald wieder sein ehrliches Auskommen hatte und endlich ein
wohlhabender Mann ward.
Nun geschah es eines Abends nicht lange vor Weihnachten, als der Mann
wieder zugeschnitten hatte, daß er vor Schlafengehen zu seiner Frau
sprach "Wie wärs, wenn wir diese Nacht aufblieben, um zu sehen, wer
uns solche hilfreiche Hand leistet?"
Die Frau wars zufrieden und steckte ein Licht an; darauf verbargen sie
sich in den Stubenecken, hinter den Kleidern, die da aufgehängt
waren, und gaben acht. Als es Mitternacht war, da kamen zwei kleine
niedliche nackte Männlein, setzten sich vor des Schusters Tisch,
nahmen alle zugeschnittene Arbeit zu sich und fingen an, mit ihren
Fingerlein so behend und schnell zu stechen, zu nähen, zu klopfen,
daß der Schuster vor Verwunderung die Augen nicht abwenden konnte.
Sie ließen nicht nach, bis alles zu Ende gebracht war und fertig auf
dem Tische stand, dann sprangen sie schnell fort.
Am andern Morgen sprach die Frau "Die kleinen Männer haben uns
reich gemacht, wir müßten uns doch dankbar dafür bezeigen.
Sie laufen so herum, haben nichts am Leib und müssen frieren.
Weißt du was? Ich will Hemdlein, Rock, Wams und Höslein
für sie nähen, auch jedem ein Paar Strümpfe stricken; mach
du jedem ein Paar Schühlein dazu."
Der Mann sprach "Das bin ich wohl zufrieden," und abends, wie sie
alles fertig hatten, legten sie die Geschenke statt der zugeschnittenen
Arbeit zusammen auf den Tisch und versteckten sich dann, um mit anzusehen,
wie sich die Männlein dazu anstellen würden.
Um Mitternacht kamen sie herangesprungen und wollten sich gleich an
die Arbeit machen, als sie aber kein zugeschnittenes Leder, sondern die
niedlichen Kleidungsstücke fanden, verwunderten sie sich erst, dann
aber bezeigten sie eine gewaltige Freude. Mit der größten
Geschwindigkeit zogen sie sich an, strichen die schönen Kleider am
Leib und sangen
"Sind wir nicht Knaben glatt und fein? was sollen wir länger
Schuster sein!"
Dann hüpften und tanzten sie, und sprangen über Stühle
und Bänke. Endlich tanzten sie zur Tür hinaus. Von nun an kamen
sie nicht wieder, dem Schuster aber ging es wohl, solang er lebte, und es
glückte ihm alles, was er unternahm.
Zweites Märchen
Es war einmal ein armes Dienstmädchen, das war fleißig und
reinlich, kehrte alle Tage das Haus und schüttete das Kehricht auf
einen großen Haufen vor die Türe.
Eines Morgens, als es eben wieder an die Arbeit gehen wollte, fand es
einen Brief darauf, und weil es nicht lesen konnte, so stellte es den
Besen in die Ecke und brachte den Brief seiner Herrschaft, und da war es
eine Einladung von den Wichtelmännern, die baten das Mädchen,
ihnen ein Kind aus der Taufe zu heben. Das Mädchen wußte nicht,
was es tun sollte, endlich auf vieles Zureden, und weil sie ihm sagten, so
etwas dürfte man nicht abschlagen, so willigte es ein.
Da kamen drei Wichtelmänner und führten es in einen hohlen
Berg, wo die Kleinen lebten. Es war da alles klein, aber so zierlich und
prächtig, daß es nicht zu sagen ist. Die Kindbetterin lag in
einem Bett von schwarzem Ebenholz mit Knöpfen von Perlen, die Decken
waren mit Gold gestickt, die Wiege war von Elfenbein, die Badwanne von
Gold. Das Mädchen stand nun Gevatter und wollte dann wieder nach Haus
gehen, die Wichtelmännlein baten es aber inständig, drei Tage
bei ihnen zu bleiben. Es blieb also und verlebte die Zeit in Lust und
Freude, und die Kleinen taten ihm alles zuliebe.
Endlich wollte es sich auf den Rückweg machen, da steckten sie
ihm die Taschen erst ganz voll Gold und führten es hernach wieder zum
Berge heraus. Als es nach Haus kam, wollte es seine Arbeit beginnen, nahm
den Besen in die Hand, der noch in der Ecke stand, und fing an zu kehren.
Da kamen fremde Leute aus dem Haus, die fragten, wer es wäre und was
es da zu tun hätte. Da war es nicht drei Tage, wie es gemeint hatte,
sondern sieben Jahre bei den kleinen Männern im Berge gewesen, und
seine vorige Herrschaft war in der Zeit gestorben.
Drittes Märchen
Einer Mutter war ihr Kind von den Wichtelmännern aus der Wiege
geholt, und ein Wechselbalg mit dickem Kopf und starren Augen
hineingelegt, der nichts als essen und trinken wollte. In ihrer Not ging
sie zu ihrer Nachbarin und fragte sie um Rat.
Die Nachbarin sagte, sie sollte den Wechselbalg in die Küche
tragen, auf den Herd setzen, Feuer anmachen und in zwei Eierschalen Wasser
kochen: das bringe den Wechselbalg zum Lachen, und wenn er lache, dann sei
es aus mit ihm.
Die Frau tat alles, wie die Nachbarin gesagt hatte. Wie sie die
Eierschalen mit Wasser über das Feuer setzte, sprach der Klotzkopf,
"Nun bin ich so alt wie der Westerwald, und hab nicht gesehen, daß
jemand in Schalen kocht."
Und fing an darüber zu lachen. Indem er lachte, kam auf einmal
eine Menge von Wichtelmännerchen, die brachten das rechte Kind,
setzten es auf den Herd und nahmen den Wechselbalg wieder mit fort.
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